150 Jahre Deutsches Kaiserreich. Biografie Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria

LESEEMPFEHLUNG! vor 150 Jahren wurde das Deutsche Kaiserreich gegründet. Vielleicht auch mal ein Anlass, sich mit der wohl prominentesten Person aus dieser Zeit zu beschäftigen: Kaiser Wilhelm II. Sein Ansehen ist, in unserer Gegenwart, sehr geprägt durch die Katastrophe des 1. Weltkrieges. Eine sehr einseitige Perspektive, die der historischen Realität nicht gerecht wird.   Eines der besten – und vor allem gut lesbaren – Bücher zur Person des Kaisers, ist die Arbeit von dem Historiker Christopher Clark: Wilhelm II. Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers. Christopher Clark ist Australier und Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge.  Er gilt als Experte für deutsche Geschichte im 19. Und 20. Jahrhundert. Gerade weil er kein deutscher Wissenschaftler ist, hat seine (Außen)Sicht auf die Dinge der deutschen Vergangenheit eine spezielle Relevanz. Er versucht betont sachlich, nicht vorurteilsbehaftet die Person des Kaisers ins Auge zu fassen und kommt dabei zu ganz anderen und viel differenzierteren Erkenntnissen als die landläufige, oft sehr oberflächliche Diskussion um das Kaiserreich heute.

Das Deutsche Kaiserreich war eine konstitutionelle Monarchie. Das heißt: Der politische Handlungsspielraum des Monarchen wurde durch eine Verfassung geregelt und vor allem beschränkt. Das Deutsche Kaiserreich war keine absolutistische Monarchie, die einen Monarchen unbeschränkte politische Macht ermöglicht. Im Deutschen Kaiserreich gab es ein gewähltes Parlament, den Reichstag und den Bundesrat der Landesfürsten. Mit beiden Institutionen musste sich der Monarch auseinandersetzen. Mit der Reichsgründung wurde auch die Position des Kaisers neu geschaffen. Hier gab es einige Besonderheiten, die es den drei Positionsinhabern nicht leicht machten, diese neue Position aktiv mit einem sozialen und politischen Rollenspiel zu füllen. Die Bezeichnung „Reichsoberhaupt“ wurde bewusst vermieden, denn das Deutsche Kaiserreich war zwar nach außen eine neu gegründete Nation, innenpolitisch jedoch war es ein föderalistisch organisierter Bund souveräner Staaten mit jeweils eigenen Staatsoberhäuptern und Regierungen. Der Deutsche Kaiser war deshalb auch nicht Kaiser von Deutschland, sondern Kaiser der Deutschen, den Landesfürsten nicht übergeordnet, formal ein „Erster unter Gleichen“. Sein offizieller Titel lautete „Deutscher Kaiser“. Vorrangig ein Symbol der Integration und der Repräsentation einer föderalistisch verfassten Nation. Der Inhaber der kaiserlichen Position hatte keinen Anspruch auf direkte Herrschaft. Eine in vielen Bereichen sehr vage, unbestimmte und offene Position. So vage, dass der erste deutsche Kaiser, Wilhelm I., diese Position überhaupt nicht attraktiv fand und lieber „einfach“ nur König von Preußen bleiben wollte. Das hatte in seinen Augen mehr Glanz und Bedeutung. Wilhelm II. versuchte nun diese Position in ihren Möglichkeiten auszuloten. Seine impulsive Persönlichkeit und sein aristokratisch-feudalistisches Selbstverständnis kollidierten hier allerdings sehr unsanft und reizbar mit den legislativen und exekutiven Elementen der Staatsverfassung. Wilhelm II. war bei solchen Konflikten kein Diplomat. Er liebte die Kontroverse und Herausforderung, besonders während der Anfangszeit seiner Herrschaft. Jugendlicher Elan, er war bei der Thronbesteigung gerade 29 Jahre, traf sehr oft auf eine Altherren-Mentalität der Gründergeneration, die die politischen Fäden fest in der Hand behalten wollte. Besonders der Streit mit Reichskanzler Otto von Bismarck war Ausdruck eines Generationenkonflikts, und ein Versuch des Kaisers seine politischen Optionen zu durchforschen. Die gesamte institutionelle Struktur des Kaiserreichs war ständig in Bewegung, wurde immer wieder neu verhandelt. Wilhelm II. wollte hier den Thron zu einer eigenständigen politischen Kraft entwickeln und die Möglichkeiten seines Rollenspiels weiter ausdehnen. Mit Bezug auf die Verfassung des Reiches sollte die kaiserliche Monarchie ein Garant für die Einheit des Reiches sein. Die berühmte „Daily-Telegraph-Affäre“ hatte dem Kaiser klare Grenzen aufgezeigt, außenpolitisch hielt er sich von nun an vollkommen zurück. Wilhelm II. hatte in England – wohlmeinend und mit bester Absicht – ein Interview gegeben, das vom Reichkanzler Bernhard von Bülow Eins zu Eins, ohne nennenswerte Korrekturen, zum Druck freigegeben wurde und einen heftigen Skandal auslöste.

Über das Leben der Kaiserin Auguste Viktoria hat Jörg Kirschstein eine sehr schöne Bildbiografie verfasst. Auguste Viktoria war im Kaiserreich bei der Bevölkerung sehr beliebt. Sie war in der Öffentlichkeit stark engagiert, mit stets großer Präsenz. Insofern gehörte auch sie zu den einflussreichen Personen im Kaiserreich. Derzeit wird darüber diskutiert, ob die Kaiserin einen Beitrag zum Untergang des Kaiserreiches leistete. Gemeint ist damit ihre konservative, antidemokratische politische Einstellung. Jörg Kirschstein nimmt in seinem Buch auf diesen Aspekt des geschichtswissenschaftlichen Diskurses allerdings keinen Bezug. Ihm geht es mehr darum die Person Auguste Viktoria – als „First Lady“ des Kaiserreichs – in die Erinnerung zurückzurufen.

In meinem Video werden die Bücher von Christopher Clark und Jörg Kirschstein vorgestellt.

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Rolf-Michael Hilkenbach / August 2022

Lesezeit: Cecilie, Prinzessin und die Kaiser-Kinder

Über den letzten deutschen Kronprinzen Wilhelm gibt es mittlerweile einiges zum Nachlesen. Im Zusammenhang mit den Restitutionsansprüchen der Familie Hohenzollern gegenüber den Ländern Berlin und Brandenburg kam er aktuell wieder ins Gespräch. Seine Ehefrau die Kronprinzessin Cecilie ist fast schon in Vergessenheit geraten, obwohl sie im Deutschen Kaiserreich und auch noch lange danach eine der bekanntesten deutschen Persönlichkeiten war. Zu ihrer Person hat der Archivar und Historiker Jörg Kirschstein ein sehr schönes Buch veröffentlicht, mit vielen Fotos, die hier zum Teil zum ersten Mal öffentlich zu sehen sind.

Kaiser Wilhelm II. und seine Frau die Kaiserin Auguste Viktoria hatten sieben Kinder, sechs Söhne und eine Tochter. Nicht nur der Kronprinz stand im Focus der Öffentlichkeit, sondern auch seine Brüder und seine Schwester, die spätere Herzogin von Braunschweig. Auch die Ehefrauen der kaiserlichen Prinzen übernahmen wichtige Positionen in der Monarchie. Über diese Personen der kaiserlichen Familie gibt es so gut wie nichts zum Nachlesen. Umso wichtiger finde ich das Buch von Jörg Kirschstein über die „Kaiser-Kinder“. In übersichtlichen Kurzbiografien wird hier die Familie von Wilhelm II. vorgestellt, ebenfalls angereichert mit vielen historischen Fotos.

Leseempfehlung, Buchvorstellung! Es geht um die letzte deutsche Kronprinzessin Cecilie und um die 7 Kinder von Kaiser Wilhelm II.
Und hier die Kurzfassung des Videos, nur 2 Minuten.
Rolf-Michael Hilkenbach August/September 2022